1797 – 1798 – 1799: Wann ist Heinrich Heines Geburtstag?

Bild: Erstellt mit Canva

Heinrich Heine gilt in den Annalen der deutschen Literaturgeschichte als der bedeutendste Dichter und Schriftsteller des 19. Heute feiern wir seinen angeblichen 226. Geburtstag und folgen der wissenschaftlichen Hypothese, dass er am 13. Dezember 1797 geboren wurde. Aber ist das wirklich so? Welche anderen Hypothesen gibt es und warum hat Heinrich Heine die Spuren seiner Geburt verwischt? In diesem Blogbeitrag stelle ich eine Alternative zu seinem allgemein bekannten Geburtsdatum vor.

1. Wann ist Heinrich Heine geboren?

1797 – 1798 – 1799 oder vielleicht auch 1800. Wer die Wahl hat, hat die Qual – so könnte das Motto der Heine-Forscher lauten, die sich mit der Frage aller Fragen beschäftigen: Wann genau wurde der große Dichter und ungezogene Liebling der Grazien geboren? Die letzte umfassende Zusammenstellung aller bekannten Geburtsdaten von Heinrich Heine stammt aus dem Jahr 1997, als der 200. Geburtstag des Dichters deutschlandweit gefeiert wurde. Jan-Christoph Hauschild, ein Mitarbeiter des Heinrich-Heine-Instituts in Düsseldorf, hat sich damals dem Rätsel um Heines Geburtsdatum gewidmet. Seine Beiträge sind im wissenschaftlichen Tagungsband „Aufklärung und Skepsis“ und im Ausstellungskatalog „Ich Narr des Glücks“ veröffentlicht. Das Problem: Für die Bestimmung von Heines Geburtsdatum gibt es nur wenige authentische Belege. In den meisten Fällen stützt sich die Forschung auf vergleichende Datierungen. Fangen wir also an.

2. Heinrich Heine als literarischer Datenfälscher

Heinrich Heine hat es der Nachwelt sehr schwer gemacht, sein wirkliches Geburtsdatum herauszufinden. Der Dichter jongliert mit den Daten nach Belieben und hat den 13. Dezember 1799 als sein autorisiertes Geburtsdatum überliefert. Zum ersten Mal verwendet er dieses Datum bei seiner Immatrikulation an der Universität Bonn im Jahr 1819, aber auch damit nimmt er es nicht allzu genau und legt seinen Geburtstag nach eigenem Gutdünken fest. In seiner Heiratsurkunde von 1841 gibt er den 31. Dezember 1799 als sein Geburtsdatum an. Passend dazu hatte er bereits in seinem italienischen Reisebild „Die Bäder von Lukka“ (1829) behauptet: „Ich, Signora, bin in der Neujahrsnacht Achtzehnhundert geboren.“ Daraufhin antwortet Heines literarische Figur, der Bankier Christophoro di Gumpelino: „Ich habe Ihnen ja schon gesagt, bemerkte der Markese, es ist einer der ersten Männer unseres Jahrhunderts.“

Doch alle diese Angaben sind gefälscht. Heine gibt sich jünger als er in Wahrheit ist, denn er hat Geheimnisse. Mit der Jahresangabe 1799 verschweigt er der Öffentlichkeit eigene und familiäre Schicksalsschläge, die ihn kompromittieren. Seine kaufmännische Lehre und sein Scheitern als Kaufmann verschweigt er lieber. Auch den Bankrott und die Krankheit seines Vaters behandelt er äußerst diskret und will sie nicht der Öffentlichkeit preisgeben. Den Wechsel von der Universität Bonn nach Göttingen nutzt Heine, um seine jüdische Herkunft zu kaschieren. Bei der Immatrikulation ändert er seinen Vornamen von Harry in Heinrich, obwohl er erst fünf Jahre später getauft wird. Auch die Namen seiner Eltern werden eingedeutscht. Ein weiteres Motiv für die Datenfälschung ist also die Angst vor Diskriminierung.

Wie kommt man dem Datenfälscher auf die Spur? Indem man in den Archiven stöbert. Und da ist die Heine-Forschung auf etwas Interessantes gestoßen: ein Notariatsurkunde, die belegt, das 1799 nicht stimmen kann. Die Urkunde vom 21. Februar 1816 belegt, dass Harry Heine erstmals eine rechtsgültige Erklärung an Stelle seines Vaters abgab. Außerdem erhält er am 28. Juni 1816 von seinem Vater eine notariell beglaubigte Handlungsvollmacht, bevor er seine Lehrzeit in Hamburg antritt. Wir befinden uns also im Jahr 1798. Das bedeutet: Aufgrund des Beginns der Volljährigkeit – und damit der beschränkten Geschäftsfähigkeit – mit Vollendung des 18. Lebensjahres ist das von Heine angegebene Datum fraglich und das Jahr 1799 scheidet als Geburtsjahr zu Recht aus. Die frühe Heine-Forschung hielt sich jedoch an Tag und Monat und fügte das Jahr 1797 hinzu, wohl in der Hoffnung, Heine sei wenigstens hier bei der Wahrheit geblieben.

3. Heine feiert seinen wahren Geburtstag widerwillig

Ein weiteres, interessantes Geburtsdatum von Heine wurde durch einen Zufallsfund in den Briefen des Schriftstellers Alfred Meißner entdeckt, der Heine und seiner Frau Mathilde am 31. Januar 1849 einen Besuch in Paris abstattete. An diesem Tag fand dort eine Feier statt, von der Meißner annahm, dass sie Heines Ehefrau Mathilde galt. Sie war jedoch Französin und feierte daher ihren Namenstag. Hauschild vermutet deshalb, dass stattdessen der Geburtstag von Heinrich Heine gefeiert wurde! Verbinden wir nun dieses Datum mit den überlieferten Dokumenten seiner Geschäftsfähigkeit ergibt sich der 31. Januar 1798 als Heines Geburtsdatum. So ist nicht nur der Tag seiner Geburt ein Zahlendreher, sondern auch der Monat, in dem er geboren wurde, rutscht vom Dezember in den Januar. Ein Indiz für dieses Datum findet sich in einem Brief Heines an seine Schwester vom 28. November 1842, in dem er schreibt: „Ich habe bis Ende Februar vollauf zu tun, die wichtigsten Geschäfte, und leider ist mein Kopf krank, und manchmal muss ich, wider Willen, feyern (…)“.

4. Fazit: Wie schön, dass du geboren bist …

Hat Hauschild richtig kombiniert? Ist der 31. Januar 1798 wirklich Heines Geburtsdatum? Und wenn ja, warum wird er nicht gefeiert? Die Spurensuche durch wissenschaftliche Hypothesen und alternative Perspektiven, die ich in diesem Artikel unternommen habe, wirft viele Fragen auf. Trotz der Bemühungen, die Wahrheit über Heinrich Heines Geburt zu entschlüsseln, bleibt die Ungewissheit. Vielleicht ist es die menschliche Natur, die Faszination des Rätselhaften und Unbekannten, die weiter nach Antworten suchen lässt. Zu guter Letzt möchte ich mit Heine sagen: Es ist gut, dass er geboren wurde und uns dieses bemerkenswerte Gesamtwerk hinterlassen hat. Lieber Heine, wir hätten dich sonst sehr vermisst!

5. Literaturangaben

Hauschild, Jan-Christoph: Die Wunden Heines. In: Füllner, Karin/Joseph A. Kruse/Bernd Witte (Hgg.), Aufklärung und Skepsis. Internationaler Heine-Kongreß 1997 zum 200. Geburtstag, Stuttgart/Weimar 1999, S. 71-85.

Hauschild, Jan-Christoph: Scheuers Liste und Guntrums Fetzen. Zwei Lebenszeugnisse aus Heines Düsseldorfer Zeit. In: Kruse, Joseph A. (Hg.): Ich Narr des Glücks. Heinrich Heine 1797-1856. Bilder einer Ausstellung, Stuttgart 1997, S. 444-453.

Werner, Michael (Hg): Begegnungen mit Heine. Berichte der Zeitgenossen 1797-1846, Hamburg 1973.

Heinrich Heine war in Düsseldorf zuhause.

Erkunden Sie mit mir die Orte, die Heine inspirierten, und entdecken Sie die facettenreiche Persönlichkeit des Dichters. Mit Gesang, Schauspiel und fundiertem Wissen gestalte ich einzigartige Touren, die Ihnen intime Einblicke in Heinrich Heines Kindheit und Jugend geben. Aktuelle Termine und Tickets für öffentliche Führungen finden Sie hier.

Ähnliche Beiträge